Die Tiefenstruktur der chinesischen Mentalität

Im Zusammenhang mit China taucht der Begriff ›Systemrivalität‹ immer häufiger auf. Aber worin genau besteht diese Rivalität? Worin unterscheidet sich das chinesische Denken und Fühlen so grundlegend von unserem europäischen?
Der Historiker Sun Longji zeichnet mit dieser scharfen Persönlichkeitsanalyse ein ausführliches Psychogramm der chinesischen Mentalität. Deren Tiefenstruktur, mit einer ›grammatikalischen Struktur‹ vergleichbar, hat die Jahrhunderte unverändert überdauert und könne, so Sun, durchaus als Erfolgsrezept betrachtet werden, – zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht.
Doch was bedeutet die chinesische Erziehungsweise für den Einzelnen? Wo bleibt noch Raum für das ›Selbst‹? Und wie ist der Personenkult um Chinas Führungspersönlichkeiten erklärbar?
Die Geschichte ist entscheidend für das Verständnis jedes Landes. Dies gilt insbesondere für China, dessen heutige Gesellschaft ohne den Rückbezug auf seine lange Geschichte kaum zu begreifen ist.

Der Autor

Sun Longji,

Der Herausgeber

Prof. Dr. Thomas Heberer studierte Ethnologie, Philosophie, Politologie und Sinologie  in Frankfurt am Main, Göttingen, Mainz und Heidelberg. Nach seiner Promotion im Jahre 1977 arbeitete er zunächst für mehr als vier Jahre als Lektor und Übersetzer im Verlag für Fremdsprachige Literatur in Peking. 1989 habilitierte in Bremen. Nach Stationen in Bremen und Trier übernahm er im Jahre 1998 den Lehrstuhl für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Ostasien an der Universität Duisburg-Essen. Seit 2009 fungiert er zugleich als Ko-Direktor des Konfuzius-Instituts Metropole Ruhr an der Universität Duisburg-Essen. Seit 2013 hat er eine Seniorprofessur für Politik und Gesellschaft Chinas inne. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Prozesse, Strukturen und Akteure des politischen, sozialen und institutionellen Wandels in China. Seit 1981 führt er auf fast jährlicher Basis Feldforschung in China durch. Mit über 50 Jahren Forschungstätigkeiten zu China gehört er zu den führenden Chinaexperten in Deutschland.

Eine Kindheit im Shanghai der Roten Garden

A Mei ist anders als die anderen. Mit ihren großen Augen, der hohen Nase und den hellbraunen Haaren fällt sie im Shanghai der 1960er Jahre überall auf. Kein Wunder: A Meis Großmutter Océane ist Französin. Ihr hat es A Mei auch zu verdanken, dass sie so wunderbar Klavier spielen kann. Doch plötzlich ändern sich die Zeiten und A Mei wünscht sich mit einem Mal nichts sehnlicher, als dem Durchschnitt zu entsprechen und ohne ihr besonderes Aussehen, ohne ihre besonderen Begabungen unbemerkt in der Masse untertauchen zu können. Aufzufallen wird mit einem Mal gefährlich. Wie sehr, muss die kleine A Mei schmerzhaft erfahren …

Ein schonungsloser Blick hinter die Mauern, hinter denen zahllose Menschen, die man zu „Unkraut“ stempelte, im Zuge der aufwallenden Kulturrevolution sogar innerhalb ihrer eigenen vier Wände der Willkür und Gewalt entfesselter junger Menschen hilflos ausgeliefert waren.
Eine Geschichte, die auch uns durchaus etwas angeht: Überall auf der Welt werden immer noch Menschen instrumentalisiert, um andere zu drangsalieren. Cao greift demnach ein – leider unvermindert – aktuelles Thema auf, das sich beliebig übertragen lässt und das uns stets daran erinnern sollte, sich die Meinung anderer niemals unreflektiert anzueignen!

Stimmen zum Buch

Cao Wenxuan […] ist Chinas Pionier des Coming-of-Age-Romans.“
Steffen Gnam, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.12.2019

Der Autor

Cao Wenxuan wurde 1954 in einem kleinen Dorf in Yancheng in der Provinz Jiangsu als Sohn eines Grundschuldirektors geboren. Seit 1974 studierte er an der Universität Beijing Philosophie, Ästhetik, Literaturtheorie und Kinderpsychologie. Damit legte er auch den Grundstein für seine späteren Jugendromane. Heute ist Cao Wenxuan an der Universität Beijing als Professor für Chinesische Literatur und Kinderliteratur tätig.
Cao hat bereits mehr als 50 Romane und Erzählungen verfasst und zählt heute zu den herausragendsten Schriftstellern der chinesischen Gegenwartsliteratur. Seine Bücher werden an Schulen als Pflichtlektüre eingesetzt, viele von ihnen gelten bereits als Klassiker. Cao Wenxuan hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter den British Pen Award und im Jahr 2016 als erster chinesischer Autor, den renommierten Hans-Christian-Andersen-Preis.

Obwohl Cao Wenxuan in extrem armen Verhältnissen aufwuchs, waren seine Kindheit und Jugend doch reich an emotionalen und ästhetischen Eindrücken. Das spiegelt sich in seinem Schreibstil wieder. Viele seiner Werke haben autobiografische Elemente, Schauplatz seiner Romane ist meist das ländliche China der 1950er und 1960er Jahre.
Seine vorrangig jugendlichen Protagonisten bleiben dabei die Härten des Lebens nicht erspart. Sie sind Hungersnöten, Bränden, Unwettern, Tod, Krankheiten oder anderen Katastrophen ausgesetzt und müssen lernen, damit  zurechtzukommen. Das tun sie auf vielfältige und kreative Weise und man kann den Figuren dabei zusehen, wie sie an ihren Aufgaben wachsen und gestärkt aus jeder dieser Schwierigkeiten hervorgehen.
Nicht zuletzt aus diesem Grund sind Caos Bücher auch für unsere heutige Jugend eine ermutigende Lektüre. Doch schon allein Caos poetische und bildgewaltige Sprache ist ein Lesevergnügen der besonderen Art: Entschleunigend und detailgenau, jedoch ohne den durchdacht konstruierten Spannungsbogen jemals zu unterbrechen.

Die Kulturrevolution – zehn Jahre Terror

Nach der Gründung der Volksrepublik China 1949 zwang die Kommunistische Partei dem armen, rückständigen Land ein rasantes Tempo der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung und Kollektivierung auf – und verursachte die Katastrophe des Großen Sprungs nach vorne.

Ernüchtert ergriff eine Fraktion der Partei die Macht und vollzog einen weniger radikalen Kurs. Nun aber fürchteten Mao Zedong und sein Kreis, dass China den Weg zum Kommunismus verlasse, bürokratisch und verkrustet wie die Sowjetunion werde. Um das zu verhindern, starteten sie 1966 die Große Proletarische Kulturrevolution. Die Träger der Revolution waren Chinas Jugendliche. Sie nahmen die Rolle als Verteidiger des Sozialismus begeistert an. Als Rote Garden bekämpften sie alle angeblich antisozialistischen Elemente, überzogen das Land mit einer Welle der Gewalt und stürzten es in ein Chaos. China geriet an den Rand eines Bürgerkriegs. Doch selbst nachdem die Macht der Roten Garden gebrochen war, wurde der radikale Kurs fortgesetzt. Erst der Tod von Mao Zedong 1976 macht den Weg frei zum Ende der Großen Proletarischen Kulturrevolution.

Die Kulturrevolution dauerte zehn Jahre lang an. Millionen von Menschen fielen den von Mao Zedong ins Leben gerufenen Säuberungsaktionen, die sich gegen sogenannte „Schwarze Elemente“, also Intellektuelle, Künstler, Großgrundbesitzer, usw. richtete, zum Opfer.
Das Schlimmste dabei war, daß man oft aus den eigenen Reihen verraten wurde: Kinder klagten ihre Eltern an, Schüler ihre Lehrer, man konnte vor niemandem mehr sicher sein.
Diese Zeit der Angst und des Misstrauens, die landesweit größte seelische Verletzungen hinterließ, wurde in China nie aufgearbeitet und belastet zahllose Familien bis heute.

Auch in diesem vierten Band aus der Reihe „Chinas Geschichte“ gelingt es der Historikerin Cornelia Hermanns, die komplexen geschichtlichen Ereignisse dieser überaus wirren und turbulenten Zeit anschaulich darzulegen. Mit Expertise ausgewähltes Bildmaterial ergänzt die sorgfältig aufbereiteten Texte und Infokästen und bringt Klarheit in eines der dunkelsten Kapitel der chinesischen Geschichte.

Die Autorin

Die Journalistin und Autorin Cornelia Hermanns, geborene Stuttgarterin, lebt (mit ihrem Mann, ihren zwei Töchtern, einem Kater und zwei Meerschweinchen) in Tübingen. Sie ist promovierte Geschichtswissenschaftlerin, und China hat sie schon immer begeistert. Lustig findet sie zum Beispiel die riesigen Fahrradparkplätze in den chinesischen Städten. Und auch das morgendliche Treiben in den chinesischen Parks hat es ihr besonders angetan, weil man dort Menschen bei den unterschiedlichsten Tätigkeiten beobachten kann, z.B. beim Flötespielen oder lauten Auswendiglernen von Gedichten. Ihr chinesisches Lieblingswort: 龍 (long = Drache). (Gemeint ist damit natürlich der freundliche chinesische Drache.)

Der Illustrator

Gregor Koerting aus Dresden ist einer der kreativen Köpfe des Designstudios Idlebeats. Er lebt und arbeitet in Shanghai. Der Künstler zeichnet sich durch eine große Liebe zum Detail, handwerkliches Können und akribische Recherchen in Bezug auf historische Dastellungen aus. Die stilistische Vielfalt Körtings reicht von Street Art über Screen Design und Plakatgestaltung bis zur Ölmalerei. Daraus erklärt sich auch die Bandbreite seiner Aufträge: Das Duo von Idlebeats wurde bereits von Konzernen wie Nokia und Kiehl’s und für Events wie die Shanghai Expo oder das Camera Japan Film Festival engagiert.

Chinas traumatisches Vermächtnis

1966 rief Mao Zedong als Vorsitzender der kommunistischen Partei Chinas zur großen Proletarischen Kulturrevolution auf. Was nun folgte, war ein Angriff Roter Garden auf das angeblich vom Weg zum Kommunismus abgefallene China und seine kommunistische Partei. Um diesen geschichtlich einzigartigen Vorgang darzustellen, hat die Historikerin Cornelia Hermanns einen breiten Bogen gespannt. Spannend wie ein Politthriller, dabei allein faktenorientiert, beschreibt sie China in der Zeit von 1911, dem Ende des Kaisertums, bis 1976, dem Tod Mao Zedongs: die Anfänge des Kommunismus, das konfliktreiche Verhältnis zur Sowjetunion, den Krieg gegen Japan, den Kampf der Kommunisten um die Macht, den Koreakrieg, die Pläne zum Aufbau sowie den Großen Sprung nach Vorne. Und als Konsequenz der langen Geschichte, die Große Proletarische Kulturrevolution, die China bis an den Rand eines Bürgerkriegs geführt hat und bis heute die chinesische Gesellschaft zutiefst verstört.

Die Autorin Cornelia Hermanns

Die Journalistin und Autorin Cornelia Hermanns, geborene Stuttgarterin, lebt (mit ihrem Mann, ihren zwei Töchtern, einem Kater und zwei Meerschweinchen) in Tübingen. Sie ist promovierte Geschichtswissenschaftlerin, und China hat sie schon immer begeistert. Lustig findet sie zum Beispiel die riesigen Fahrradparkplätze in den chinesischen Städten. Und auch das morgendliche Treiben in den chinesischen Parks hat es ihr besonders angetan, weil man dort Menschen bei den unterschiedlichsten Tätigkeiten beobachten kann, z.B. beim Flötespielen oder lauten Auswendiglernen von Gedichten.

Ihr chinesisches Lieblingswort: 龍 (long = Drache). (Gemeint ist damit natürlich der freundliche chinesische Drache.)

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