Die Staatsführer von Mao Zedong bis Xi Jinping
In wenigen Jahrzehnten entwickelte sich China vom Bauernstaat zur High-Tech Nation. Dass die ganze Strategie eine Aneinanderreihung von Experimenten war, ist weitgehend unbekannt. Die vielen Weichenstellungen, die immer wieder unternommen wurden, gingen nicht ohne interne Machtkämpfe ab. Doch wer kämpfte gegen wen? Wessen Ideen setzten sich durch?
In ihren Porträts chinesischer Staatslenker beleuchtet die Historikerin Cornelia Hermanns die Persönlichkeiten im engsten Führungszirkel von Mao Zedong bis Xi Jinping vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen.
Die Autorin Cornelia Hermanns
Die Journalistin und Autorin Cornelia Hermanns ist promovierte Historikerin. Seit Jahren beschäftigt sie sich mit Chinas Vergangenheit und Gegenwart. Sie ist Autorin mehrerer Sachbücher zur chinesischen Geschichte.
Ihre Texte zeichnen sich durch akribische Recherche aus, wobei es ihr ein großes Anliegen ist, unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema gleich zu gewichten. Es bleibt dem Leser überlassen, sich sein Urteil selbst zu bilden.
Eine Anleitung für den Weltfrieden
Kang Youwei, der große Reformer und Philosoph, beschrieb in den 1920er Jahren die Utopie einer ‚großen Gemeinschaft‘, die in der Lage ist, die Grenzen von Nationen, Ethnien, Geschlechtern und Hierarchien zu überwinden. Eine detaillierte Schritt-für-Schritt Anleitung liefert er gleich mit.
Während heute zunehmend wieder das Trennende anstelle der Suche nach Gemeinsamkeiten in den Vordergrund rückt, macht Kang deutlich, dass die Hoffnung auf eine gemeinsame und friedliche Zukunft voller Mitgefühl und Nächstenliebe kein westlicher oder östlicher, kein europäischer oder asiatischer, kein deutscher oder chinesischer Gedanke ist: Es ist ein zutiefst menschlicher!
Der Autor
Kang Youwei wurde 1858 im Kreis Nanhai (南海) , Dorf Danzaosu (丹灶苏) in der Provinz Guangdong (广东) in eine alte und lokal prominente Beamten-Gelehrtenfamilie geboren. 1927 verstarb er in Qingdao (青岛), der ehemaligen deutschen Kolonie in der Provinz Shandong (山东), wo sich auch seine Grabstätte und das „Kang Youwei-Museum“ (康有为故居纪念馆) befinden. Er war einer der bedeutendsten Gelehrten, politischen Reformer und ein Vorreiter der intellektuellen Entwicklung des modernen China. Früh erhielt er eine Ausbildung in den konfuzianischen Klassikern mit dem Ziel, über Beamtenprüfungen eine Beamtenkarriere einzuschlagen.
Kang interpretierte den Konfuzianismus in neuer Weise, denn er sah – anders als viele seiner Zeitgenossen – in Konfuzius keinen Reaktionär, sondern einen Reformer, der die Institutionen des Staates den jeweiligen Veränderungen anzupassen gedachte. Würde Konfuzius noch leben – so Kang – würde er mit Sicherheit versuchen, das bestehende politische und ökonomische System zu reformieren. Der Konfuzianismus war für ihn eine prophetische Lehre der Moderne, die es zu „purifizieren“ gelte. Zugleich bezog er diese nicht nur auf China, sondern auf die ganze Welt und die Menschheit insgesamt. Diese Lehre ließe sich überdies in eine Religion überführen und könne auf diese Weise eine Alternative zum westlichen Christentum anbieten, wobei viele chinesische Intellektuelle allerdings eine enge Verbindung zwischen dem Christentum einerseits und dem imperialistischen Verhalten westlicher Mächte andererseits sahen. Kang vertrat die Auffassung, der Konfuzianismus könne von daher zur Schaffung einer neuen chinesischen Identität und zur moralischen Erziehung der Chinesen beitragen. In diesem Sinne sprach sein bedeutendster Schüler Liang Qichao (梁启超, 1873-1929) von Kang als dem „Martin Luther der konfuzianischen Lehre“. Luther habe das Christentum in seiner ursprünglichen Gestalt wiederherstellen wollen, Kang die Lehre des Konfuzius.
Der Herausgeber
Prof. Dr. Thomas Heberer studierte Ethnologie, Philosophie, Politologie und Sinologie in Frankfurt am Main, Göttingen, Mainz und Heidelberg. Nach seiner Promotion im Jahre 1977 arbeitete er zunächst für mehr als vier Jahre als Lektor und Übersetzer im Verlag für Fremdsprachige Literatur in Peking. 1989 habilitierte in Bremen. Nach Stationen in Bremen und Trier übernahm er im Jahre 1998 den Lehrstuhl für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Ostasien an der Universität Duisburg-Essen. Seit 2009 fungiert er zugleich als Ko-Direktor des Konfuzius-Instituts Metropole Ruhr an der Universität Duisburg-Essen. Seit 2013 hat er eine Seniorprofessur für Politik und Gesellschaft Chinas inne. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Prozesse, Strukturen und Akteure des politischen, sozialen und institutionellen Wandels in China. Seit 1981 führt er auf fast jährlicher Basis Feldforschung in China durch. Mit über 50 Jahren Forschungstätigkeiten zu China gehört er zu den führenden Chinaexperten in Deutschland.